Leserbrief
im Bochumer Lokalteil der WAZ vom 08.02.2020

Leserbrief Hans Dieter Kopp

Faktencheck zum Leserbrief

Zitat: "Die angesprochenen 100-jährigen Platanen verlieren bei jedem kleinen Sturm große Zweige, die dann auf das Grundstück fallen."
Faktencheck: In Bochum hatten wir in den vergangenen Jahren unzählige kleine Stürme und relativ häufig starke Stürme. Die Platanen, um die es hier geht (Platanus acerifolia), haben diesen Stürmen getrotzt, die meisten von ihnen sind kerngesund (Baumgutachten). Natürlich fielen bei großen Stürmen auch mal Zweige herunter, nie jedoch bei "kleinen Stürmen... große Zweige", wie hier fabuliert wird.
Auch bei dem Sturm Sabine, der mit Windstärke 12 und Geschwindigkeiten von rd. 120 km/h in den vergangenen Tagen über Bochum hinwegfegte, sind von den kerngesunden Bäumen nur kleinere Zweige herabgefallen.
Leserbrief: kleine Stürme - große Zweige. Realität: großer Sturm - kleine Zweige.

Fragen: Sollten wir in Deutschland alle Bäume roden, weil bei einem Sturm Zweige auf ein Grundstück fallen könnten? Wieviel ist uns ein Baum wert, der älter als der älteste Mensch auf der Erde ist, der viele Generationen unserer Ahnen überlebt und mehrere Kriege überstanden hat? Wieviel in Bochum Unterhordel? Wäre hier nicht eine differenzierte Einzelentscheidung (Kappung / Fällung / Rettung eines Baumes) angebracht, unter Abwägung sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte - statt weitestgehendem Kahlschlag?

Zitat: "Bei einer Bebauung würden diese Zweige auf die neu gebauten Häuser fallen."
Faktencheck: Die Bebauungsplanung wird selbstverständlich einen ausreichenden Abstand zu den verbliebenen Bäumen vorsehen.

Zitat: "Durch die Bebauung der Fläche, z.B. durch die Unterkellerung der neuen Gebäude, werden die Wurzeln der Bäume gefährdet."
Faktencheck: Platanus acerifolia ist ein Tief- und kein Flachwurzler. Bei der Baumaßnahme sind ausreichende Abstände zum Wurzelwerk einzuhalten und der Wurzelbereich der Bäume (mind. Bodenoberfläche unter der Krone, sog. Kronentraufenbereich) ist vor Auswirkungen der Baumaßnahme zu sichern.

Zitat: "Natürlich ist es für eine einzelne Person schöner, wenn man von seinem Garten auf alte Platanen anstatt auf neue Häuser schaut."
Kommentar: Nicht nur die umliegenden, sondern auch die neuen Bewohner haben bzw. hätten den Blick auf und die Nachbarschaft zu diesen erhabenen Bäumen. Siehe mein Text oben: "Es geht hier keineswegs darum, das geplante Bauvorhaben zu verhindern. Selbstverständlich muss Familien aktuell mehr Wohnraum in Bochum angeboten werden. Angesichts des von der Stadt geplanten Kahlschlages darf den neuen Bewohnern jedoch nicht die Nachbarschaft zu diesen majestätischen Bäumen genommen werden, auch dies hat mit Lebensqualität am neuen Wohnort zu tun - und selbstverständlich ebenso mit Klimaschutz und Lebensqualität der Bürger im gesamten Bochumer Stadtraum. Und selbstverständlich gäbe es andere Planungsvarianten für dieses Gelände, die sowohl die sozialen wie auch die ökologischen Belange berücksichtigen würden".

Zitat: "Aber für eigene Interessen den Bau von neuem Wohnraum verhindern?"
Kommentar: Wäre es tatsächlich so, dass bei jedem "kleinen Sturm... größere Zweige" auf das Grundstück fallen würden, wäre ich doch benachteiligt, denn die Äste der Platanen ragen über die Grenzlinie in meinen Grundstücksbereich hinein. Die übergeordneten Interessen "Schutz der Bäume und Tiere" und "positive Wirkung auf Klima und Wohnqualität" stelle ich über mein vermeintlich "eigenes Interesse".

Fazit: alternative Fakten

In tatsächlich eigener Sache: Die Veröffentlichung des letzten Satzes des Leserbriefes, in dem mir "eigene Interessen" unterstellt werden, empfinde ich als unangemessen.

Bochum, 09.02.2020

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